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Ich war immer etwas anders…

Grafik "Autismus er-leben"

Persönliche Erfahrungen eines jungen Mannes aus dem Autismus-Spektrum

Ein Leben mit Autismus bedeutet oft, die eigene „Andersartigkeit“ zu erkennen und mit der Reaktion des persönlichen Umfeldes in wechselnden Lebensumständen und -phasen umgehen zu müssen. Dazu gehören Erfahrungen aufzufallen, anzuecken und mit den eigenen Bedürfnissen nicht gesehen zu werden. Gleichzeitig erfahren Menschen im Autismus-Spektrum aber auch Unterstützung und Förderung ihrer besonderen Fähigkeiten. Besonders Heranwachsende erleben sehr intensiv ihr scheinbares, vermeintliches Anderssein, vor allem durch Reaktionen von Mitschüler:innen und Lehrer:innen in der Schule. Sie stellen fest, dass sie mit ihren Fähigkeiten auffallen, etwas nicht so gut können wie andere oder aber sehr viel besser. Sie werden verglichen mit der Norm, der Mehrheit – und werden als dazugehörig identifiziert oder eben nicht.

Irgendwann bekommt die eigentlich wertzuschätzende Andersartigkeit dann einen Namen: „Autismus“. Doch mit der Diagnose ist nichts gesagt. Autismus zeigt sich ganz unterschiedlich, in individuellen Stärken und Schwächen – also völlig normal. Und es bleibt auch unklar, was sie für den weiteren Lebensweg des jungen Menschen bedeutet. Wird man als Mensch aus dem Autismus-Spektrum ein Leben als Außenseiter:in führen?

Würdigung statt Ausgrenzung

Ein junger Mann, heute Anfang 20, schildert seine persönlichen Erfahrungen. Er formuliert nicht nur seinen Wunsch nach gesellschaftlicher Zugehörigkeit, sondern auch den nach Wahrnehmung und Würdigung der speziellen Fähigkeiten von Menschen im Autismus-Spektrum.

Ich habe mich im jüngeren Alter nie besonders gefragt, ob ich anders bin, ich fühlte lediglich etwas anderes zu gewissen Dingen. Es störte mich in den meisten Momenten nicht, solange es andere nicht zu sehr beschäftigte.

Den allergrößten Teil meines Lebens habe ich in einer Umgebung verbracht, die nicht nur aufgeschlossen und wohlwollend mir gegenüber war, sondern auch unterstützend und respektvoll. Und doch stieß ich immer im Alltag und in Institutionen an meine Grenzen. Zu schnell hieß es im Sportunterricht, ich hätte die „Koordination eines kleinen Kindes“. Wenn man nicht der Norm entspricht, fällt man auf, ohne es immer zu wollen. So hieß es auch von den gleichen Lehrern, man solle zu mir gehen, wenn es um Geschichte geht, ich würde jedes historische Ereignis kennen. Ich glaube nicht, dass eine dieser Aussagen besonders wertend gemeint war, und doch können sie einen Heranwachsenden prägen. Ich war, ohne es zunächst zu wissen, immer etwas anders als die Menschen um mich herum.

Es dauerte einige Zeit, bis ich als Person aus dem Autismus-Spektrum diagnostiziert wurde. Mit meinen Spezialinteressen zu leben, führte mir großen Respekt zu. Aber ohne Diagnose zu leben, führte eben auch zu einem Leben mit ständiger Diskrepanz. Genauso wie ich für meine besonderen Gaben gelobt wurde, so wurde ich von den gleichen Menschen für meine Schwächen kritisiert.

Wir leben in einer wertenden Gesellschaft und predigen dennoch mehr Sensibilität. Dabei vergessen wir zu häufig, dass hinter jeder kleineren Auffälligkeit, hinter jedem anders sein, auch eine Geschichte steht. Menschen aus dem Autismus-Spektrum können so unterschiedlich sein und doch haben sie eines gemeinsam: Sie haben Potenzial! Dieses wird zu wenig gesehen, im seltensten Fall gewürdigt. Dafür benötigt es nicht den direkten großen Knall. Eine kleine Aufmerksamkeit gegenüber dem leicht unbeholfenen Jungen im Sportunterricht oder eine Würdigung von der Fokussierung eines Kindes können bereits ein kleiner Schritt in die richtige Richtung sein.

Im jüngeren Alter versackte ich Stunden an Flughäfen. Die globale Vernetzung, die Technik und das Zusammentreffen von Interessen und Menschen aus aller Welt faszinierten mich. Ich bestand darauf zu fliegen, wann immer es geht, ein zweifelhafter Wunsch in Zeiten des Klimawandels, vom Finanziellen ganz abgesehen. Doch eine Würdigung dieser Interessen, ein Verständnis, haben in den richtigen Kreisen ein Zugehörigkeitsgefühl geschaffen. Ein Gefühl, welches für jede und jeden wichtig ist – egal welche neurologische Struktur dahintersteckt.

Duale Autismus- und Familientherapie und Elterntreff bei Zephir gGmbH

Zephir gGmbH bietet für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Autismus-Spektrum und ihre Eltern/Angehörigen eine „Duale Autismus- und Familientherapie“. Alle sechs bis acht Wochen veranstalten wir außerdem einen Elterntreff, bei dem sich Eltern/Angehörige von Kindern im Autismus-Spektrum untereinander austauschen und gegenseitig unterstützen können. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne an.

Ansprechpartnerin:
Miriam Vogt (Bereichsleitung), Tel.: 0159 – 06 14 52 81 oder vogt@zephir-ggmbh.de