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Masking – so sein wollen wie alle!

Grafik "Autismus er-leben"

Masking: Anpassungsleistung und Kompensationsstrategie bei Autismus

Ganz „normal“ sein, sich wie andere verhalten, eben einfach nicht auffallen… Viele Menschen im Autismus-Spektrum kopieren oder ahmen Verhalten nach, was sie bei anderen beobachten oder als sozial kompatibel gelernt haben. Man nennt es „Masking“, also „verbergen“ oder „tarnen“ von Gefühlen, von Symptomen, von Stress. Masking ist der Versuch, sich an gesellschaftliche Normen und durchschnittliche Erwartungen anzupassen, um nicht aufzufallen und um sozial akzeptiert zu werden. Der Preis: Ein großer Teil der wahren Gefühle, Bedürfnisse und Verhaltensweisen werden unterdrückt oder versteckt. Masking kann sowohl für betroffene Personen als auch für ihr Umfeld weitreichende Konsequenzen haben.

Wie zeigt sich Masking?

Masking umfasst eine Vielzahl von Verhaltensweisen:

Nachahmen von erwünschtem Verhalten: Das Imitieren von Verhalten anderer, um sich in sozialen Situationen zurechtzufinden und akzeptiert zu werden, ist wohl die bekannteste Masking-Strategie. Dazu gehört das Nachahmen bzw. Kopieren bestimmter Mimik, Gestik oder Art der Kommunikation und Sprache. Diese Nachahmung erfolgt dann nicht spontan oder intuitiv aus sich selbst heraus, sondern ist nur das Übernehmen eines beobachteten Verhaltens.

Kontrolle von Körpersprache: Menschen im Autismus-Spektrum versuchen auch, ihre Körpersprache zu „normalisieren“. Sie vermeiden es, selbstregulierende Verhaltensweisen zum Stressabbau, scheinbar nervöse Bewegungen zu zeigen oder kontrollieren ihre Mimik, selbst wenn sie sich überfordert oder unwohl fühlen.

Vermeidung von stimulierenden äußeren Einflüssen: Um nicht durch übermäßige Reize überfordert zu werden, meiden Menschen im Autismus-Spektrum oft Situationen mit intensiven Reizen: viel Licht, Lärm jeder Art, Ansammlungen von vielen Menschen, viel Verkehr etc. Sie unterdrücken ihre sensorischen Reaktionen oder schützen sich z.B. durch das Tragen von Kopfhörern, um Geräusche zu dämpfen und die Alltagssituationen auszuhalten.

Verstecken von individuellen Spezial-Interessen: Einige Menschen im Autismus-Spektrum zeigen besondere Interessen, haben Begabungen oder ausgefallene Hobbies. Durch diese ausgeprägten Interessen sorgen sie für sich, schirmen sich bei Bedarf ab und fokussieren sich auf etwas, was für sie gut einschätzbar ist. Gegenüber Gruppen verbergen sie diese lieber, um nicht als „komisch“ oder „anders“ wahrgenommen zu werden.

Auswirkungen des Maskings

Als Anpassungsstrategie mag Masking kurzfristig hilfreich sein, langfristig hat es jedoch erhebliche Auswirkungen auf die Psyche und das Wohlbefinden von Menschen im Autismus-Spektrum. Sie dürfen sich nie zeigen, wie sie sind. Sie verstecken ständig ihre Persönlichkeit, ihre wahre Identität. Eigene Gefühle und Bedürfnisse werden unterdrückt. Deshalb ist Masking unglaublich anstrengend und mit großem Stress verbunden, die Belastungsgrenze dadurch viel schneller erreicht als bei anderen. Die Folge: totaler Rückzug und Erschöpfung, vielleicht sogar ein Shutdown, ein totaler Zusammenbruch mit all seinen Folgen.

Nicht so sein zu können wie andere, kann zu einem Verlust des Selbstwertgefühls und zu inneren Konflikten und großer Verzweiflung führen. Entwicklung und Lernen kann nicht mehr stattfinden, weil dafür keine Ressourcen mehr vorhanden sind. Der Kompensationsversuch durch Masking braucht einfach alles auf.

Wie wollen wir miteinander leben?

Erwartungen und Stereotype über Autismus sind Hauptgrund, warum Menschen im Autismus-Spektrum zum Masking greifen. In vielen sozialen Kontexten (z.B. Kita, Schule, Gruppen) werden „normale“ Verhaltensweisen stark betont und erwartet. Abweichendes Verhalten wird oft nicht akzeptiert oder als Störung eines Unruhestifters missverstanden. Dies führt dazu, dass sich autistische Menschen gezwungen sehen, ihre natürlichen Verhaltensweisen zu unterdrücken, um sozial „in Ordnung“ zu sein und anerkannt zu werden.

Darf man sich in unserer Gesellschaft nicht mehr zeigen, wie man ist? Muss man sich verstecken, weil man Dinge anders empfindet, sensibler ist, mit seiner Wahrnehmung nicht dem Durchschnitt entspricht? Es ist wichtig, dass wir mehr über Autismus und die komplexen Kompensations- und Bewältigungsstrategien von Betroffenen erfahren. So können wir besser verstehen, wie stark der Anpassungsdruck auf Menschen im Autismus-Spektrum einwirkt. Sensibilisierung und Aufklärung können dazu beitragen, dass sich Strukturen und Erwartungen verändern und auch die Bedürfnisse von neurodivergenten Menschen in unserer Gesellschaft mehr berücksichtigt werden. Es ist wichtig, dass wir lernen, Unterschiede zu schätzen und in ihrer Vielfalt anzuerkennen – unabhängig davon, ob sie der allgemeinen Norm entsprechen oder nicht.

Duale Autismus- und Familientherapie und Elterntreff bei Zephir gGmbH

Zephir gGmbH bietet für Kinder im Autismus-Spektrum und ihre Eltern/Angehörigen eine „Duale Autismus- und Familientherapie“. Alle sechs bis acht Wochen veranstalten wir außerdem einen „Elterntreff“, bei dem sich Eltern/Angehörige von Kindern im Autismus-Spektrum untereinander austauschen und gegenseitig unterstützen können. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne an.

Ansprechpartnerin:
Miriam Vogt (Bereichsleitung), Tel.: 0159 – 06 14 52 81 oder vogt@zephir-ggmbh.de