Wie nehmen Menschen im Autismus-Spektrum ihre Umwelt wahr?
Einkaufen im Supermarkt, eine Alltagssituation, die wir alle kennen und regelmäßig erleben. Für Menschen im Autismus-Spektrum können aber gerade solche „ganz normalen“ Alltagshandlungen zu großen Herausforderungen werden. Sie haben eine hypersensitive, neurodivergente Wahrnehmung, d.h. sie nehmen völlig anders und viel mehr wahr. Was bedeutet das genau?
Extremsituation Supermarkt
Reizüberflutung
Einkaufen – im Supermarkt oder Shopping-Center – bedeutet Stress, zu viele Reize, zu viele Informationen auf einmal: Leise oder laute Geräusche, helles Licht, unvorhersehbare Bewegungen, plötzliche Berührungen, vielleicht auch Schmerz, Druck, Wärme/Kälte, Gerüche etc. Unser Gehirn arbeitet auf Hochtouren, um diese Impulse schnellstens zu verarbeiten, zu filtern und in einen Zusammenhang zu bringen. Nur so können wir in der Situation funktionieren und adäquat reagieren. Nicht so bei Menschen im Autismus-Spektrum, ihre Wahrnehmung und Reizverarbeitung läuft völlig anders.
Wahrnehmungsbesonderheiten von Menschen im Spektrum
Autismus ist das Resultat einer hypersensitiven, neurodivergenten Wahrnehmung und einer damit verbundenen sensorischen Be- und Überlastung. Sie äußert sich in einer veränderten Aufmerksamkeit, Kommunikation und Interaktion, Mentalisierung und Impulskontrolle bzw. Affektregulation. An erster Stelle steht meist die mangelnde Kontrolle über die Reizmenge. Denken wir an die Reizflut im Supermarkt! Einige Sinne können überempfindlich, andere weniger empfindlich sein. Oft wird auch ein Sinneskanal bevorzugt, d.h. ein notwendiger Wechsel wird schwierig. Den bräuchte es aber, um ein Gesamtbild von der Situation zu erstellen. Die Gedankengänge sind also nicht mehr zusammenhängend und logisch, schon gar nicht nachvollziehbar. So gibt es auch keine (Handlungs-)Konzepte, wichtige Details werden ausgeblendet.
Überforderung, Kontrollverlust, Notzustand
Verschiedene Leistungen des Gehirns sind unter Stress nicht mehr möglich, z.B. Interaktion, Kommunikation, Zuhören, Gedanken des anderen nachvollziehen, in die Augen schauen, lange Sätze verstehen und antworten. Emotionen oder Impulse werden unkontrollierbar, sind nicht mehr regulierbar. Hypersensible, neurodiverse Menschen stehen dann unter extremem Stress. Sie sind überfordert durch zu viel Neues und befinden sich in einem Notzustand großer Anstrengung und totaler Erschöpfung.
Reaktionen als Strategien, um zu überleben
Die Folge: Sie können nicht anders, als mit extremen Überlebensmechanismen zu reagieren, der für Menschen im Spektrum der einzige Weg ist, um mit Reizstau und Informationsflut noch irgendwie klar zu kommen. Sie brauchen Überlebensstrategien (bei Overload): Rückzug, Abschirmung, Stimming (selbststimulierendes Verhalten). Ist ein Rückzug nicht möglichem, versuchen sie, alle anderen Reize durch eskalierendes, herausforderndes Verhalten zu überdecken (Meltdown) – bei völligem Verlust von Kontrolle und Eigenregulation. Erstarrung, Dissoziation, Abschalten, keine Ansprechbarkeit (Shutdown) stehen am Ende eines verzweifelten Überlebenskampfes…
Duale Autismus- und Familientherapie und Elterntreff bei Zephir gGmbH
Zephir gGmbH bietet für Kinder im Autismus-Spektrum und ihre Eltern/Angehörigen eine „Duale Autismus- und Familientherapie“. Alle sechs bis acht Wochen veranstalten wir außerdem einen „Elterntreff“, bei dem sich Eltern/Angehörige von Kindern im Autismus-Spektrum untereinander austauschen und gegenseitig unterstützen können. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne an.
Ansprechpartnerin:
Miriam Vogt (Bereichsleitung), Tel.: 0159 – 06 14 52 81 oder vogt@zephir-ggmbh.de